Unrund

Läuft gerade nicht so rund bei mir. Am Freitag hatte ich plötzlich den Zylinder meiner Schiebetür samt Schlüssel in der Hand und gestern habe ich Bekanntschaft mit meiner Batterie-Kontrollleuchte gemacht. Nach einer halben Stunde der Entschluss, dem lieber auf den Grund zu gehen. Vermutung meines Automechanikers über WhatsApp: vermutlich die Lichtmaschine. Ich sollte definitiv nicht weiterfahren, um nicht zu riskieren, dass irgendwann die Batterie platt ist und ich mitten auf der Autobahn stehen bleibe. Lieber den ADAC anrufen. Nach 1,5 Stunden kam ein netter Herr vom AA, hat die Batterieleistung gemessen und war halbwegs zufrieden – 13,1 Volt, irgendwas lädt wohl doch, die Lichtmaschine ist (noch) nicht ganz hinüber. Sein Rat: bis nach Hause komme ich damit vermutlich noch, aber weitere zwei Wochen so durch England fahren wäre nicht ratsam. Hm, das war ja mal ein eher kurzer Ausflug.

Beeindruckt war ich vom AA-Service. Mein Retter hat mich im Dunkeln noch nach Birchington-on-Sea eskortiert. Ich stehe jetzt kostenlos an einer Strasse direkt am Strand, ein paar andere haben hier ebenfalls im Wohnmobil übernachtet, Toiletten und ein Lädchen um die Ecke – nicht der schlechteste Ort zum „Stranden“.

Meine nächste Überraschung gestern Abend war nämlich, dass der Tunnel leider bis nächsten Sonntag komplett ausgebucht ist. So wird es mir zumindest auf der Webseite angezeigt. Ich hänge auf der Insel fest! Eine bezahlbare Fähre gab es noch am kommenden Dienstag um 2 Uhr nachts. Ok, nehm ich.

Tja, vielleicht lief in letzter Zeit einfach alles zu gut, und das ist ein Zeichen des Universums, dass ich mal schön auf dem Teppich bleiben soll. Nix mit Wolke 7.

Zufrieden sein, wenn alles super läuft – das kann jeder. Aber immer und immer wieder erinnert mich das Leben daran, dass es eben nicht berechenbar ist, nicht vorhersehbar, nicht planbar. Also, wir können schon planen, aber oft kommt es eben anders. Das einzusehen fällt mir richtig schwer. Ich mag es, wenn Dinge klappen wie am Schnürchen. Meine große Aufgabe scheint mir derzeit, Unvorhergesehenes mit offenen Armen anzunehmen. Ich spüre den Widerstand in mir, teilweise erheblichen Widerstand, wenn die Dinge nicht so sind, wie ich sie gerne hätte. Aber der Widerstand wird kleiner. Die geplanten Besuche bei Freunden und den Alexander-Technik-Workshop, auf die ich mich gefreut hatte, muss ich absagen. Das ist total schade. Aber es geht mir ja dennoch nicht wirklich schlecht: Ich stehe am Meer, die Sonne scheint, ich höre die Möwen, habe Internet und Strom – kann also arbeiten, zu essen und ein Dach über dem Kopf habe ich auch… alles gut!

(Folkestone)

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